Bundesverfassungsgericht: Dienstrecht der Notare ist verfassungsgemäß – Notare sind in Deutschland hoheitlich tätig

Das Bundesverfassungsgericht hat durch Beschluss vom 19. Juni 2012 (Az. 1 BvR 3017/09) eine gegen die Dienstordnung der Notarinnen und Notare gerichtete Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen. Da Notare einen staatlich gebundenen Beruf ausüben, müssten sie es hinnehmen, dass für sie die Wirkungen des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) - sofern überhaupt anwendbar - durch Sonderregelungen zurückgedrängt werden. Es sei auch nicht erkennbar, dass die angegriffene Dokumentationspflicht bei notariellen Verwahrungsgeschäften unverhältnismäßig sei.

Sie würde den Beschwerdeführer vielmehr nur unwesentlich beeinträchtigen und sei für eine einheitliche und der staatlichen Aufsicht zugänglichen Praxis erforderlich, da die Verwahrtätigkeit ausschließlich hoheitliche Tätigkeit sei.

Das Bundesverfassungsgericht hat weiterhin bestätigt, dass deutsche Notare hoheitliche Amtstätigkeit ausüben. Der Gerichtshof für die Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hatte zuvor mit Urteil vom 24. Mai 2011 (Az. C-54/08) entschieden, dass der Notar keine spezifische öffentliche Gewalt im Sinne von Art. 51 AEUV ausübe. Hierzu führt das Bundesverfassungsgericht (Rn. 49) aus: „Notarinnen und Notare nehmen im Bereich vorsorgender Rechtspflege Staatsaufgaben wahr, die richterlichen Funktionen nahe kommen, und werden mithin typischerweise in sachlich bedingter Nähe zum öffentlichen Dienst tätig [...]. Insbesondere sind ihnen Zuständigkeiten übertragen, die nach der geltenden Rechtsordnung hoheitlich ausgestaltet sind.“

Dr. Rainer Regler, Geschäftsführer der Landesnotarkammer Bayern, sieht die Rolle des Notars, der eine dem Richter ähnliche, jedoch präventive Rechtskontrolle ausübt, durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gestärkt: „Damit die notarielle Amtstätigkeit die Rechtmäßigkeit und die Rechtssicherheit des Rechtsverkehrs wie gewohnt gewährleisten kann, sind dienst- und berufsrechtliche Vorgaben unumgänglich“, erläutert Dr. Regler. „Die vorsorgende Rechtspflege durch Notare dient einem besonderen Allgemeininteresse, das sowohl Beschränkungen der nationalen Berufsfreiheit als auch der europäischen Grundfreiheiten rechtfertigt. Die strenge Reglementierung der Notare ist zum Schutz der Bürger folgerichtig und erforderlich.“

Das Bundesverfassungsgericht stellt hierzu fest (Rn. 46), dass auch „der Europäische Gerichtshof [...] ausdrücklich in Betracht [zieht], dass der Zweck notarieller Amtstätigkeit [...] als zwingender Grund des Allgemeininteresses Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit aufgrund der Besonderheiten der notariellen Tätigkeit rechtfertigen könne.“ Ferner heißt es: „Dass nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union [...] notarielle Tätigkeiten nicht mit der Ausübung öffentlicher Gewalt im Sinne [...] des Art. 51 Abs. 1 AEUV verbunden sind [...], macht die einschlägigen Bestimmungen des deutschen Rechts nicht unanwendbar; dies betrifft insbesondere § 1 BNotO zur notariellen Amtsträgereigenschaft und die Regelungen zur notariellen Amtstätigkeit in §§ 20 ff. BNotO.“